Orgelei
pythagoreisches Tonsystem
Etwa im fünften vorchristlichen Jahrhundert soll Pythagoras in einer Schmiede nach einer antiken Legende entdeckt haben, dass gleichzeitige Hammerschläge wohlklingende Töne erzeugten, wenn die Gewichte der Hämmer in den ganzzahligen Verhältnissen 12:9:8:6 oder - gekürzt und paarweise geordnet - 12:6 = 2:1 (Oktav), 9:6 = 3:2 (Quint) und 12:9 = 4:3 (Quart) stehen.
Ohne Terz - und eigentlich auch ohne Quart, weil c'' ja nur als Wiederholung des Grundtons C gehört wird - hört man hier im Wesentlichen nur die Oktav und die Quint, also einen 'leeren' - tonartlosen - Klang!
Nach Pythagoras klingen also etwa C=132 Hz zusammen mit c'=264 Hz und mit g‘=396 Hz und dazu c''=528 Hz ‚wohl‘, konsonant, also Töne, deren Schwingungen pro Sekunde zum jeweiligen Grundton im Verhältnis 2:1 und 3:2 stehen. Das Verhältnis 3:2 steht für die Quint, hier also 396/264 = 1,5 = 3/2.
Die Umkehrung der Quint, also die „reine“ Quarte wird einerseits in der Bedeutung „weder vermindert noch übermäßig“ gebraucht, andererseits auch für das Frequenzverhältnis von genau 4:3, wie es zur reinen Stimmung gehört.
Sehr gut kann man dieses auf einem Monochord, wie es im deutscchen Museum in München steht, ausprobieren:
Foto: pk (dt. Museum)
So kann man die Lage der Bünde konstruieren, zB den der Quinte mit c/g = 3/2:
Quint-Oktav-Klänge waren besonders in der Musik des Mittelalters sowie der Renaissance allgegenwärtig, da die im Akkord enthaltenen Intervalle als besonders rein und konsonant galten. Das damals häufige Aufkommen hat aber sicherlich auch damit zu tun, dass Prime, Oktave, Quinte und Quarte die ersten vier Intervalle der Obertonreihe sind. Und diese Töne bestimmen ganz wesentlich die Klangeindruck eines Tones, zB eines Orgeltones.
vom Quintenzirkel zur Quintensäule
Schichtet man viele Quinten übereinander, erreicht man nach 12 Quinten bzw. 7 Oktaven ungefähr wieder den Ausgangston. Ungefähr, weil ((f1*3/2)*3/2)*…* 3/2 = f1*(3/2)^12 =f1*129,746… nicht exakt gleich für 7 Oktaven ((f1*2)*2)*…. = f1*2^7 = f1*128 ist!. Diese Differenz nennt man das pythagoreische Komma.
Nun kann man zwar aus den übereinander geschichteten Quinten und dem reinen Terzintervall (5/4) jeden Ton generieren, etwa das f‘ = Oktav – Quint, oder die pythagoreische große Terz (= 4 reine Quinten − 2 Oktaven), aber schon da wird sichtbar, das uU die Darstellung von Intervallen in Summen – statt Produkten – und Differenzen – anstelle von Quotienten - Vorteile hätte. Allerdings braucht es hierzu ein logarithmisches Rechnen.
Das Cent-Maß
Das Ergebnis dieser logarithmischen Formel ist das Cent als Maß für zB die Oktave, nämlich 1200 Cent!
Damit gelingt es nun, ein Tasten- oder Bündeinstrument so zu stimmen, dass jede Tonart gleich gut – wenn auch ein wenig verstimmt – klingt, dafür aber Modulationen möglich werden.
Verschiedene Stimmungen - gleichstufig und rein - lassen sich nun so darstellen:
----------------------------------------------------------> Beachte: g/c = 392 / 261,6 = 1,498.. ≠ 3/2 !
----------------------------------------------------------> Beachte: g/c = 396 / 264 = 1,5 = 3/2 ! Verstimmung 'rein' zu 'gleichstufig' in Cent: 396 - 392 = 4
Die „gleichschwebende Temperatur“ der heute dominierenden gleichstufigen Stimmung löst das Problem durch eine Abwandlung der pythagoreischen Stimmung, indem sie das pythagoreische Komma gleichmäßig auf alle zwölf Quinten des Quintenzirkels verteilt; dadurch sind die Quinten nur um 1/12 Komma verstimmt. Diese näherungsweise Reinheit der Quinten wird erkauft durch eine sehr starke Verstimmung der Terzen um ca. 2/3 Komma. Nach Hugo Riemann „verträgt“ jedoch „die Terz eine stärkere Verstimmung als die Quinte“, so dass sich die gleichstufige Stimmung als praxistauglich durchsetzen konnte.
Frühere temperierte Stimmungssysteme, wie die lange Zeit verwendete mitteltönige Stimmung und die später entwickelten wohltemperierten Stimmungen, werden heute gelegentlich im Rahmen der historischen Aufführungspraxis wiederbelebt.
Stimmpraxis
Reine Quinten, Oktaven und Terzen konnte man ohne Weiteres einstimmen. Die Quinten in der mitteltönigen Stimmung mussten jedoch um 1/4 Komma enger gelegt werden. Dafür gab es Anweisungen für die Beobachtung von Schwebungen. Dabei war zu beachten, dass die Anzahl der Schwebungen pro Zeiteinheit umso größer ist, je höher die Quinten liegen. Nach dem Temperieren von vier etwas engeren Quinten konnte man die Stimmung durch eine reine Terz überprüfen. Die weiteren Töne ließen sich durch reine Terzen leicht stimmen. Hatte man beispielsweise C-G, G-D, D-A und A-E temperiert, konnten die weiteren Töne durch reine Terzen erzielt werden: D-Fis, Es-G, E-Gis, F-A, G-H, A-Cis und B-D. Waren alle zwölf Töne innerhalb einer Oktave gestimmt, vervollständigte man das gesamte Tonspektrum des Instruments durch reine Oktaven. Die alten Orgelbauer haben ihre Instrumente ohne Stimmgerät gestimmt. Als physikalische Geräte standen ihnen nur das Monochord, die Stimmpfeife und das Pendel sowie ihr eigener Pulsschlag zur Verfügung.
Ein unmittelbares Hören der jeweiligen verstimmten Töne ist i. d. R. nicht möglich. Dagegen kann man sehr wohl die Schwebungen hören:
In der Musikhochschule in Tübingen steht eine Orgel, welche trickreich in verschiedene Stimmungen umgeschaltet werden kann:
Interessant in diesenm Zusammenhang ist das Programm justintonation des Haye Hinrichsen von der University of Würzburg mit seinem Team Karolin Stange und Christoph Wick. Diese Software ist in der Lage, mit Hilfe eines adaptiv-dynamischen Stimmverfahrens reine Klänge in jeder Tonart zu erzeugen. Die App analysiert den gespielten Akkord, berechnet die optimalen Frequenzen und stimmt den eingebauten Sampler bzw. das angeschlossene MIDI-Gerät in Echtzeit. Leider ist die Software aktuell -10/2023 - nicht aufrufbar.
Sehr gut erklärt Wikipedia die Problematik verschiedener Stimmungen: Link.
Musikbeispiele
Hier ein jurzer Ausschnitt aus der "Pavan dan Vers" eines Anonymus, gespielt von Arnaud De Pasquale auf der weitgehend historisch erhaltenen Orgel aus dem Jahre 1547 in der Chiesa di San Francesco d’Assisi, Castelbuono.
-------
Quellenhinweis: Dieser Beitrag erhebt in keiner Weise wissenschaftliche Ansprüche, etwa bzgl. einer exakten Quellenangabe. Bisweilen ist auf die jeweilige Web-Adresse direkt verlinkt, i. d. R. aber stammen die Informationen aus einschlägigen Webseiten in Wikipedia. Den jeweiligen Autoren sei für ihre sorgfältige Rechereche und höchst informative Darstellung ausdrücklich gedankt.
------
Im historischen Orgelzyklus des Franz Schnieringer im Jahr 2021 wurde u. a. auch die Barockorgel in St. Edigna in Hofdorf bei Hungerdorf vorgestellt. Damals an der Orgel Steefan Seyfried. Fotos: pk
Hier sollte die Wahl fallen auf
Die Heinssen-Orgel in Ober-Graßlfing
Kennt jemand aus dem Straubinger Land Johann Nikolaus David Heinssen? Vermutlich eher wenig Menschen, wurde er doch in 1797 im norddeutschen Altona geboren, verstarb aber immerhin im Jahre 1849 in Regensburg. Bekannt ist der deutsche Orgelbauer im Regensburger Raum durch seine 29 in den Jahren von 1832 bis 1846 geschaffenen Orgelwerke, von Allersdorf bei Schierling bis Wolkering in der Gemeinde Thalmassing, darunter die erste - nicht erhaltene - Orgel hinter dem Silberaltar im Regensburger Dom! Auch die Orgel aus dem 1836 in Maria Himmelfahrt in Obergraßlfing, Gemeinde Laberweinting, wurde in Heinssens Werkstatt gefertigt, ist in wesentlichen Teilen aus der Erbauungszeit erhalten, wurde zuletzt 1986 von der Orgelbaufirma Jann aus Allkofen restauriert. Franz Schnieringer, der Initiator des Orgelzyklus 2021 auf historischen Instrumenten des Straubinger Landes, vermag lebendig davon zu erzählen, welche Ideen Heinssen aus seiner norddeutschen Orgelbautradition in seine Wahlheimat Regensburg mitgebracht hat.
Auf der Webseite des Werkverzeichnisses der Heinssenschen Orgeln kann man lesen:
1836 - Obergraßlfing - "Wallfahrtskirche Pauli Bekehrung" - I/P 8 - erhalten // 193? Michael Weise, 1978 RS Kloss, 1989 RS Jann
Das Patrozinium "Pauli Bekehrung' ist ein offensichtlicher Schreibfehler, die Kirche feiert ihr Patrozinium am 15. August, dem großen Frauentag!
Dass es sich um ein beinahe 200 Jahre altes Werk handelt wird ein wenig schon am Spieltisch erahnbar. Man hört sogar das Ziehen der Register bei einem Ausschnitt aus dem Grünbergerschen Echostück, gespielt beim Konzert am 15. 8. 2021 von Franz Schnieringer:
Anl. eines Recherche-Besuches in Obergraßlfing wurde dem Verfasser dieses Beitrages ein Gutachten des Domorganisten Eberhard Kraus aus dem Jahre 1973 für die Restaurierung durch die Fa. Hermann Klose vorgelegt. Daraus kann man die Dispostion der Orgel ablesen, den weitgehend originalen Zustand erahnen und insbesonders den vom Orgelsachverständigen attestierten 'auffallend schönen Klang" bestätigt finden.
Fotos und Grafiken: pk
Nun sollte aber der Orgelzyklus 2021 des Franz Schnieringer auch dazu genutzt werden, dem Orgelbau-Laien des Wunderwerk einer Pfeifenorgel nahe zu bringen:
- Wie entsteht ein Orgelton?
- Wie kommt Luft aus dem Windladen per Tastedruck an die Pfeife, aber noch nicht in die Pfeife?
- Wie wird ein oder wie werden mehrere Register für den Luftstrom frei geschaltet?
- Wie werden Manuale - oder wie im Falle Obergraßlfing Manual ins Pedal - gekoppelt?
- aus der Restaurierung der Orgel durch die Fa. Jann, Allkofen - Würdigung der Heinssen-Orgeln
- Schließlich wird über eine Verlinkung die neue Orgel von St. Jakob in Straubing vorgestellt.
- Orgelimpressionen 1997 im Straubinger Land
- Die Mühleisen-Orgel in St. Michael in Steinach
zu a.:
Der Ton einer Pfeifenorgeln entsteht ja wie bei einer ganz normalen Flöte: Ein Luftstrom gerät in Schwingung und diese wird am Ohr durch Druckschwankungen wahrnehmbar, meist aber nicht nur eine einzelne Frequenz, zB der Kammerton a = 440 Hz, sondern eine ganze Reihe von sog. Obertönen, etwa Oktave, Quint, Quart, Terz, je nach Pfeiffenart. Im Wesentlichen bestimmt die Länge einer Pfeife die Höhe des Tones, besser seine Grundfrequenz. Da 1 Fuß = 1' = 30 cm lang ist, misst die tiefste 32' - Pfeife ca 9,6 m, die entsprechende 16' - Pfeife 4,8 m, und höchst klingende 1'-Pfeife nur 7,5 cm. Die Klangfarbe einer Orgelpfeife aber wird durch ihre Bauform bestimmt:
Bild-Quelle: Die Orgelseite
In Obergraßlfing sind verbaut: -Copel 8' -Allemande 8´ -Salicional 8´ -Principal 4´ -Flöte 4´ -Octav 2´ -Mixtur 1 1/3', 1' - Subbaß 16' (Prinzipal)
zu b:
Die sogenannte 'Traktur' ist der mechanische Teil dieses Vorgangs, welcher den Strom der Luft aus der Windlade in die Pfeife freigibt:
Bild-Quelle: Die Orgel-Seite
zu c:
Erst aber die Wahl eines Registers macht den Luftstrom aus dem Balg zu auswählten Pfeifen frei. Der Ton erklingt dann, wenn eine Taste gedrückt wird und zB der Schleifladen eines Registers oder mehrerer Register 'gezogen' ist:
In der Realität ist der 'Schleifladen' so lang, dass er alle Bohrungen für die gesamte Klaviatur aufnehmen kann, in Obergraßlfing also für 4 Oktaven 4 * 12 + 1= 49 Bohrungen.
Bildquelle: Die Orgelseite
zu d: Das "Koppeln" von Manualen erhöht die klanglichen Möglichkeiten einer Orgel wesentlich. Zwar gibt es praktisch immer 'feste' Koppeln, zum Beispiel bei Mixturen: 4-fach (2 2/3' + 2' + 1 1/3' + 1', also Quinten und Oktaven). In vereinfachter Darstellung sieht das 'freie Koppeln' so aus:
Bild-Quelle: Konrad Zwicky - zwicky.net
'Unter dem Link kann man die Koppel sogar setzen und lösen!
zu e: aus den Angeboten der Fa Jann zur Restaurierung der Orgel in Obergraßlfing:
1987: Angebot über Reinigung der ganzen Orgel - Reinigung aller Pfeiffen, innen und außen - Instansetztung der Stimmvorrichtungen (ausbeulen, nachlöten, Dichtigkeitsprüfung, Schrauben nachziehen) - Windkanäle und Windladen auf Dichtigkeit prüfen und nachdichten - Spielteraktur überprüfen, schadhafte Teile erneuern - Holzteile vor Wurmbefall schützen - Pfeifen einbauen, intonieren und rein stimmen
1988: im Angebot werden die Maßnahmen der Fa Kloss aus dem Jahr 1978 als sehr problematisch dargestellt und ein Rückbau vorgeschlagen
1989: Arbeiten lt Angebot 1987 und 1988, Einbau eines Froschmaulbalges - der Ersatz der 'fremden' Metallpfeifen wurde vorgenommen
aus einer Würdigung des Johann Nikolaus David Heinssen, freundlicherweise überlassen von Thomas Jann:
"Die Orgel der Filialkirche St. Clemens in Birnbach ist ein gediegenes Werk des Regensburger Orgelbauers Johann Nikolaus David Heinßen. Sein Werkverzeichnis umfaßt vor allem Orgeln in dieser Größe und zeigt, welchen Einbruch die Säkularisation im Orgelbau bewirkt hat. Sie ist auch ein Beispiel für die Praxis vor allem des 19. Jahrhunderts, gebrauchte Orgeln in ärmere Filialkirchen umzusetzen, wenn in den begüterteren Pfarr- und Filialkirchen neue Instrumente gebaut wurden. Das hat sicher manches Instrument davor bewahrt, verheizt zu werden und seinen Bestand bis heute gesichert. Heinßen hat von der inneren Anlage her eine Barockorgel gebaut, mit einem anderen Prospekt könnte man die Orgel von einer aus der Zeit vor 1800 nicht unterscheiden. Einziges Merkmal für das frühe 19. Jahrhundert ist der Umfang der Claviatur, der im Baß mit der tiefen Octav beginnt, aber im Discant schon bis zum f” ansteigt. Ein typisches Merkmal für die Zeit vor 1850. Klanglich ist die Orgel ebenfalls noch ganz der Barockzeit verhaftet, sowohl was Disposition, als auch Intonation angeht, lediglich die ,,Mixtur" erfährt eine recht eigenwillige Interpretation. Nach der Restaurierung - der Orgel der Filialkirche St. Clemens in Birnbach (!) - zeigt sich das Werk optisch und akustisch in alter Pracht. Man möchte ihm die Wertschätzung wünschen, die es verdient, auch wegen des hohen Anteils an Originalbestand."
zu f: In einem Erklärvideo wird die neue Eule-Orgel in St. Jakob in Straubing vorgestellt.
zu g.:
neue Orgeln im Straubinger Land ....
Im Jahr 1997 veröffentlichte der Kulturkreis Josef Schlicht, sozusagen der Vorläufer des heutigen Kulturfördervereins, die CD "Orgelimpressionen im Straubinger Land. Eingespielt wurden Werke von Telemann, Buxtehude, Bach, Gigout, Duruflé, Muffat, Johnson, Mendelsssohn-Bartholdy, Walter, Kittel, Bruhns und Brahms auf der Jann-Orgel in Hunderdorf, der Rieger-Orgel auf dem Bogenberg, der Sandner-Orgel in Leiblfing sowie der Mathis-Orgel in Mallersdorf von Stefan Frank, Stefan Landes, Andreas Sagstetter (Orgel) sowie Siegfried Hirtreiter (Trompete).
Ein Musikbeispiel:
Die CD ist immer noch erhältlich bei
CD-Cover: pk
zu h: Ganz neu (Juli/August 2024)
- die Mühleisen-Orgel in St. Michael in Steinach
Fpto: pk
Orgelweihe am 20. Oktober durch Bischof R. Voderholzer
Foto: Albert Lindmeier
Und so klingt sie:
Mitschnitt eines Probespiels: Stefan Altschäffel
und wartet auf ... Organisten:
Foto: pk
Die Disposition:
Die 31 Registerwippen bedienen 22 Register:
Foto: pk
Mit ihren 22 Registern ist Stella kein riesiges Instrument, aber im Gesamtklang ergibt sich der Eindruck einer feierlich „großen Orgel“ mit Wärme, Transparenz und Gravität. Die freie Windanlage, die musikalisches „Mitatmen“ zulässt , und die moderat ungleichstufige Stimmung tragen sehr zum lebendigen Eindruck bei, den das Instrument hinterlässt. Die enorme Vielseitigkeit beginnt schon bei den charakterlich sensibel herausgearbeiteten Grundstimmen, von denen hier nur der Flauto amabile mit poetischem Traversflötentimbre (bei nichtüberblasenden Metallpfeifen) erwähnt werden soll oder Flauto dolce mit extrem engen Pfeifen und anmutig verzögerter Ansprache. Die Anregungen für Stellas Klanglichkeit sind in die süd- und mitteldeutsche Orgellandschaft zwischen Barock und beginnender Romantik eingebettet und erfahren hier eine kreative Neuinterpretation. Wir Orgelbauer wünschen uns, dass Stella allen Musizierenden und Hörenden eine wertgeschätzte Wegbegleiterin wird!
Schlussbemerkung:
Bisweilen stellt sich die Frage: Wer verdient wohl die größere Bewunderung? Der Orgelbaumeister, welcher sich so ein Werk ausdenkt und erbaut, der Komponist, welcher sich für die großen wie kleinen "Königinnen" Musikwerke ausdenkt und sie zu Papier bringt, oder der Interpret, welcher diese Werke für die jeweiligen Instrumente einrichtet und zur Freude der Zuhören zum klingen bringt?
Dieser Beitrag ist als Reverenz an die Orgelbauer vergangener Jahrhunderte - hier also Johann Nikolaus David Heinssen - gedacht, aber auch an die Orgelbaumeister unserer Zeit, die die ganz großen Werke in den ganz großen, bedeutenden Kirchen und Konzerthäusern erbauen.
- Details
- Kategorie: Orgelei
Die Unesco hat im Jahr 2017 den Orgelbau und die Orgelmusik als immaterielles Kulturerbe anerkannt. Der bayerische Musikrat hat die Orgel zum Instrument des Jahres 2021 erwählt. In Deutschland gibt es schätzungsweise 50 000 Orgeln. Davon steht die größere Anzahl nicht in den Domen oder Städten, sondern in den Kirchen auf dem Lande. Eine kleine Konzertreihe - organisiert von Franz Schnieringer - hat im Jahr 2021 die Aufmerksamkeit auf einige historische Orgeln im Landkreis Straubing-Bogen gerichtet. Vorgestellt wurden acht Instrumente:
Sonntag, 1. August, 16 Uhr: Hailing (Edenhofer jun. 1915)
Sonntag, 8. August, 16 Uhr: Westen (Edenhofer sen. 1881)
Sonntag, 15. August, 16 Uhr: Obergraßlfing (Heinßen 1836)
Sonntag, 22. August, 16 Uhr: Frauenhofen (Jakob Schmid 1903)
Sonntag, 5. September, 16 Uhr: Pürgl (16.-19. Jhdt.)
Sonntag, 12. September, Deutscher Orgeltag 2021 - 14 Uhr: Hofdorf (1740/1850),
13 Uhr und 15.30 Uhr Orgelführungen Windberg
Sonntag, 19. September, 16 Uhr: Heilig Kreuz (Hechenberger 1885)
Sonntag, 26. September, 16 Uhr: Hadersbach (Anton Ehrlich 1842)
Es spielten Peter Hilger, Stefan Seyfried, Maria Loichinger und Franz Schnieringer.
Weitere Mitwirkende: Juliane Schenk - Sopran, Fred Flassing - Violoncello, Julia Benkert - Sopran
aus der Vita der Interpreten:
Flassig, Dr. Fred - Westen
Der Cellist und Gambist Fred Flassig, in München geboren, studierte nach Cellounterricht bei Ruprecht von Castell, Liselotte Richter, Prof. Kurt Engert und Prof. Fritz Kiskalt an der Hochschule für Musik in München bei Prof. Johannes Fink. Auf Meisterkursen bei Siegfried Palm, William Pleeth, Wieland Kuijken, Nikolaus Harnoncourt und Christophe Coin bildete er sich weiter. Er erhielt Stipendien für Interpretationskurse beim Alban-Berg-Quartett und bei Alfred Brendel. Studien auf dem Barockcello und der Viola da Gamba (Meisterklassendiplom 1990) schlossen sich an. 1997 promovierte er in Musikwissenschaft über „die solistische Gambenmusik in Deutschland im 18. Jahrhundert“. Mit seinem Ensemble für Alte Musik erhielt er 2009 den Kulturförderpreis der Stadt Regensburg.
Foto: privat
Hilger, Peter - Heilig Kreuz
Kirchenmusiker und Musikpädagoge
. Nach seinem Abitur studierte er Kirchenmusik und Musikpädagogik an der Hochschule für Kirchenmusik in Regensburg.
Er war die letzten Jahre im Pfarrverband Eichendorf tätig und ist seit September 2016 hauptamtlicher Kirchenmusiker in Windberg.
Foto: privat
Benkert, Julia - Obergraßlfing
Julia Benkert (geb. Jurgasch) studierte Lehramt Musik für Gymnasium und Gesangspädagogik in Regensburg. Bei namhaften Künstlern wie Kurt Widmer, Gerold Huber, Ruth Ziesak und Sibylla Rubens bildete sich die Sopranistin fort. Der Schwerpunkt ihres solistischen Schaffens liegt im Bereich Konzert, Oratorium und Lied. Viele Jahre konnte man sie in renommierten Ensembles wie dem ChorWerk Ruhr, der Gächinger Kantorei Stuttgart, dem Vocalconsort Berlin oder dem Kammerchor Stuttgart hören, wo sie mit namhaften Dirigenten wie Florian Helgath, Helmuth Rilling, Frieder Bernius, Hans-Christoph Rademann und Jeffrey Tate zusammenarbeitete. Regelmäßig trat sie dabei auch als Chorsolistin auf und wirkte bei CD-Produktionen mit.
Foto: privat
Loichinger, Maria - Frauenhofen, Hadersbach
Maria Loichinger legte am Ursulinengymnasium in Straubing das Abitur ab. Nach Studien in Musikwissenschaften an der Universität Regensburg folgte ein Studium der Katholischen Kirchenmusik an der „Hochschule für Musik und Theater München“, das sie mit einem künstlerischen Bachelor abschloss. Im Rahmen des ERASMUS Stipendiums vertiefte sie ihre Fähigkeiten in den Instrumenten Orgel und Cembalo bei Prof. Lorenzo Ghielmi an der „Civica Scuola di Musica Claudio Abbado“ in Mailand. Derzeit studiert sie Schulmusik an Gymnasien an der „Hochschule für Musik und Theater München“. Meisterkurse und Stipendien ergänzen ihre musikalische Ausbildung. Für ihr besonderes musikalisches Engagement wurde sie mit dem Angela-Merici-Preis der Ursulinen-Schulstiftung ausgezeichnet. Maria Loichinger ist Chorleiterin in der Pfarrei St. Quirin in München-Aubing und folgt Konzertengagements im In- und Ausland.
Foto: privat
Seyfried, Stefan - Hofdorf
Die ersten Berührungspunkte mit Musik, fanden bei Stefan Seyfried in der fränkischen Heimat, nahe Bamberg, wo er geboren wurde statt. Nach dem Besuch der Berufsfachschule für Musik in Kronach mit den Hauptfächer Klavier und Kirchenmusik zog es ihn nach Regensburg an die damalige Fachakademie für Kirchenmusik und Musikerziehung, die er mit dem Examen in Kirchenmusik (u.a. bei Wolfgang Hörlin, Karl Norbert Schmid, Roland Büchner) und der staatliche Musiklehrerprüfung (u.a. Karl Friedrich Wagner, Franz Prechtl) abschloss. Zahlreiche weitere Studien in Orgel Literatur (Norbert Düchtel), Kurse in Orgelimprovisation (u.a. bei Daniel Roth, Peter Planyavsky, Anders Bondenmann, Thierry Escaich und Wolfgang Seifen) folgten. Später entdeckte er auch die historischen Tasteninstrumente für sich.
Kam er während des Studiums schön öfters mit dem Cembalo in Berührung, so entdeckte er auch die immense Vielfalt von Tafelklavier, Hammerflügel (Michael Günther) und Clavichord (Jaroslav Tuma), dessen formbarer und flexibler Klang ihn immer mehr faszinierte.
Foto: privat
Stefan Seyfried wirkt in verschiedenen Ensembles als Continuospieler, ist stellvertretender Leiter der Kreismusikschule Straubing-Bogen und Kirchenmusiker in St. Johannes in Straubing-Ittling.
Seine Konzerte führen ihn ins In- und Ausland aber auch als Continuo Begleiter ist er sehr gefragt.
Schenk, Juliane - Hailing
Juliane Schenk war Solistin am Deutschen Nationaltheater Weimar, am Stadttheater Fürth, am Theater Hof und am Theater Plauen-Zwickau sang Juliane Schenk zahlreiche Rollen ihres Fachs. Deutschlandradio portraitierte die Sängerin in einem Radiofeature („Eine exzellente Sängerin“, Deutschlandradio 2011) Mit ihrer ausdrucksstarken Stimme war sie u.a. als Fiordiligi (Cosi fan tutte), Donna Elvira (Don Giovanni), Rosalinde (Die Fledermaus), Agathe (Der Freischütz), Rosina (Der Barbier von Sevilla), Titania (Ein Sommernachtstraum), Lola Blau (Heute Abend: Lola Blau) und als Wirtin (Im weißen Rössl) zu hören. Außerdem ist sie regelmäßig als Solistin im Konzert zu erleben. Zusammen mit dem Leipziger Gitarrist Franz Hartmann spielte sie das Gesamtwerk für Stimme und Gitarre des zeitgenössischen Komponisten Ernesto Cordero ein. („Entre guitarra y voz“, Auryn 2017) Juliane Schenk wurde in Westfalen geboren, studierte Gesang in Köln, Lyon und Weimar und schloss ihr Studium mit dem Konzertexamen ab.
Foto: privat
Schnieringer, Franz - Hailing, Westen, Obergraßlfing, Fraunhofen, ...
Geboren 1961 in Straubing, studierte ernach dem Abitur am musischen Gymnasium Kirchenmusik an der Musikhochschule München und Musikwissenschaft an der Ludwig-Maximilian-Universität München. Von 1990 bis 1997 war er als Korrepetitor und musikalischer Leiter am Theater an der Rott in Eggenfelden engagiert. Seit 1998 ist er Leiter des Straubinger Volkschors, unterrichtet am Anton-Bruckner-Gymnasium und ist als Organist tätig. 1989 erhielt er den Kulturförderpreis der Stadt Straubing.
Foto: Stefan Frank
All diese Konzerte hat der Kulturförderverein medial begleitet und auf der Seite RePaLi veröffentlicht. Hier daraus ein Beispiel des Eröffnungskonzerts in Hailing am 1. August 2021:
Sonntag, 1. August 2021, 16 - 17 Uhr: St. Pauli Bekehrung
Orgel: Ludwig Edenhofer jun., Deggendorf, Opus 121, aus dem Jahr 1915
Franz Schnieringer (Orgel) und Juliane Schenk (Sopran) spielen und singen Werke u. a. von J. Rheinberger, J. Renner jun., A. Dvorak, C. Franck, Ch. Gounod
Prospekt und Disposition der Orgel:
Fotos: pk
Pneumatische Taschenladen, freistehender Spieltisch
I. Manual (C-f3): -Prinzipal 8 ́ -Gamba 8 ́ -Tibia 8 ́ -Oktave 4 ́ -Mixtur 3f. 2 2/3 ́ |
II.Manual (C-f3), schwellbar: -Gedackt 8 ́ -Salizional 8 ́ -Traversflöte 4 ́ |
Pedal (C-d0): -Subbass 16 ́ -Violon 8 ́ |
-Superocktavcopel I.M - Superocktavcopel II.-I. M
-Subocktavcopel I.M - Subocktavcopel II.-I. M
-Manualcopel - Pedalcopel II. M
-Pedalcopel I.M - Pianopedal Absteller
Auf dem Programm des Eröffnungskonzertes des Orgelzyklus stand u. a. das Praeludium C-Dur op 41 Nr. 1 von Joseph Renner (1873-1934). Diese Aufnahme ist ein Livemitschnitt aus der Kirche in Hailing:
Sollte Renner als Regensburger Domorganist im Jahr 1915 bei der Orgelweihe der Edenhofer-Orgel in Hailing anwesend gewesen sein, hat er vermutlich dieses sein Werk gespielt - nach F. Sch.
- Details
- Kategorie: Orgelei