Andreas Wiedermann wurde 1978 in Straubing geboren. Nach Abschluss seines Regie-Studiums am Salzburger Mozarteum assistierte er unter anderem bei Peter Zadek, Andrea Breth, Urs Troller und Thomas Ostermeier am Wiener Burgtheater und am Deutschen Theater Berlin. 1998 gründete er die freie Theatercompany THEATER ImPuls, die bereits im ersten Jahr ein mehrwöchiges Festival für zeitgenössische Dramentexte initiierte. 2005 folgte zusammen mit Komponist Ernst Bartmann die Gründung des freien Opernensembles OPERA INCOGNITA, das alljährlich in München mit unbekannten Werken bekannter Komponisten gastiert. Regiearbeiten von ihm waren unter anderem an den Theatern Trier, Regensburg und am Bayerischen Staatsschauspiel München zu sehen. Wiedermann ist 2. Preisträger des Internationalen Nachwuchslyrikwettbewerb Regensburg, des Kulturförderpreises der Stadt Straubing und wurde bisher mit 6 "tz-Rosen der Woche", 2 AZ "Sternen der Woche" und 2 "tz-Rosenstrauß des Jahres" ausgezeichnet.

Foto: Jana Zellmer, freigegeben zur Veröffentlichung

THEATER ImPuls: Link

Projekt 3/2018: Caeser & Antonius und Cleopatra - Theater am Hagen, Straubing  - Link

Weitere Projekte: Dorfen / München / Würzburg /...: operabase, opera incognita, ...

Erfreulicherweise war Andreas Wiedermann zu einem kurzen Interview über das Frauenbild bei Shakespeare und in der Inszenierung des Theaters Plan B bereit:

 Penzkofer:
Herr Wiedermann, Shakespeare zeichnet von Cleopatra das Bild einer sehr schönen, verführerischen Frau: "
"Wohlan, zu Liebe unsrer Lieb und süßen Stunden,
Nicht sei durch herb Gespräch die Zeit verschwendet.
Kein Punkt in unserm Leben, den nicht dehne
Noch neue Lust. Welch Zeitvertreib zu Nacht?"
Welches Frauenbild malt Shakespeare wirklich? Sie kennen ganz sicher mehr Zeilen als die, welche ich da aus der "Cleopatra" zitierte.

Wiedermann:
Shakespeare zeichnet das Bild einer toughen, macht- und imagebewussten Regentin.
Er bezieht sich dabei im Wesentlichen auf Plutarch als antike Quelle. Bereits dort wird Cleopatra als Königin gezeigt, die ihre Weiblichkeit und ihren Körper eingesetzt hat, um Politik zu machen. Nicht umsonst verband sie mit drei der größten römischen Feldherren eine Liebesbeziehung:
General Pompeius, Gaius Julius Caesar und Marcus Antonius. Shakespeare verfasste mit seinem späten Stück "Antonius und Cleopatra" eine tragische, dunkle Komödie. Deshalb zeigt er dem Leser und Zuschauer eine überspitzte Beziehungsgeschichte über sexuelle Gier, Eifersucht und Hörigkeit. Zudem muß man natürlich die zu Shakespeares Zeiten übliche Aufführungspraxis mitbedenken, um seine Texte wirklich zu verstehen.
Weibliche Schauspielerinnen gab es zu Shakespeares Zeiten keine, alle Frauenrollen wurden von Männern gespielt. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass Shakespeare und seine Zeitgenossen die Charaktere bestimmten Schauspielern ihre Rollen auf den Leib geschrieben haben und viele Insiderwitze miteinfließen ließen.

Penzkofer:
Sie haben lt. Straubinger Tagblatt sechzig Prozent des Shakespeare-Textes gestrichen. Dennoch hatte ich den Eindruck, dass Sie dieses Frauenbild aus Männerphantasien nicht hinterfragen. Ihre Cleopatra räkelt sich auf dem Sofa, behandelt ihre Dienerinnen ausgesprochen unfein. Hat es Sie nicht gereizt, dieses - überkommene - Frauenbild zu hinterfragen, auch angesichts einer größerer Anzahl aktuell mächtiger Frauen? Immerhin haben Sie ihre Männer in Anzüge gesteckt.

Wiedermann:
"Cleopatra" bedient ganz bewußt die männliche erotische Phantasie. Ganz Ägypten aus der Sicht Roms wie ein übersexualisiertes, exotisches Freudenhaus.
Deshalb bleibt auch Mark Anton bei Cleopatra. In Alexandrien findet er alles, was er in Rom vermisst: Hedonismus, Verführung, exotischen Luxus. Cleopatra bedient die unausgelebten Sehnsüchte der römischen Imperialisten. Nicht umsonst werden auch deshalb in Teil 1 unserer Aufführung, "Julius Caesar", Brutus' und Caesars Gattinnen als überaus dominante, quasi unserem westlichen Powerfrauenbild entsprechende Protagonistinnen dargestellt.
Die historische Cleopatra wusste sehr genau, wie sie Ägyptens Machtstellung im Zuge der vollkommen übermächtigen römischen Expansionsbestrebungen erhalten konnte: sie musste sich - psychisch und physisch - opfern. Nicht umsonst hat die historische Cleopatra sogar ihren eigenen Tod inszeniert und mit feinen Nadelstichen Schlangenbisse suggeriert. Sie war eine Meisterin der Selbstinszenierung und der politischen Intrige, das galt es, auf die Bühne zu bringen.
Dennoch verband sie mit Mark Anton - mit dem sie mehrere Kinder zeugte - wohl eine besondere Abhängigkeit, eine überdimensionierte Liebesgeschichte.
Macht, auch weibliche, hat auch heute noch - je nach Kulturkreis - viele Gesichter. Allerdings kann man sich die aktuell mächtigsten Frauen Europas nur schwer als Cleopatra-Darstellerinnen vorstellen ...

Penzkofer:
Somit verbietet es sich ja wohl, obwohl in Ihrer Inszenierung die Männer in Konfektionsanzüge tragen, die Frauen in Hosenanzüge zu stecken und ihnen gewisse wiedererkennbare Posen attributmäßig zuzuordnen. Irgendwie verständlich! Gottseidank werden die erotischen Gelüste mächtiger Männer bei Shakespeare und eben auch in Ihrer Inszenierung ad absurdum geführt. Heutzutage sorgen da insbesonders die Medien dafür!
Herzlichen Dank für Ihre Antworten!

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